Die traditionelle rhetorische Kategorie der Evidenz hat angesichts eines neuen Strebens nach anschaulicher Darstellung in den vergangenen Jahren zunehmende Relevanz erlangt. Im Zuge dieser Entwicklung bringt der von Olaf Kramer, Carmen Lipphardt und Michael Pelzer herausgegebene Sammelband „Rhetorik und Ästhetik der Evidenz“ (De Gruyter Verlag, Berlin/Boston 2020) aktualisierende Betrachtungen zum Themenfeld der Anschaulichkeit zusammen. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf sprachlichen Evidenzphänomenen und theoretischen Grundlagenbetrachtungen.
Im Zentrum steht die Fragestellung, mit welchen Mitteln Anschaulichkeit auf effektive Weise erzeugt werden kann – und welche Rolle Evidenz in der erfolgreichen Vermittlung von Informationen sowie der emotionalen Beeinflussung der Adressaten einnimmt. In der Zusammenführung theoretischer, historischer und wissenssoziologischer Überlegungen rund um den Zusammenhang zwischen Anschaulichkeit, Ästhetik und Narrativität bieten die Aufsätze des Bandes eine grundlegende rhetorische und literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Themenbereich der Evidenz.
Im Sammelband enthaltene Beiträge:
- Olaf Kramer und Michael Pelzer: Rhetorik und Ästhetik der Evidenz – Einleitung
- Joachim Knape: Das Fernrohr. Evidenz in der Rhetorik mit Blick auf Brechts Galileo.
- Marc Petersdorff: Eine geliehene Evidenz: Zum Begriff des ḗthos bei Aristoteles.
- Birgitta Fuchs: Vico über rhetorische und szientifische Evidenz.
- Olaf Kramer: Narrative Evidenz.
- Bernhard Asmuth: Anschaulichkeit und Spannung als Leitbegriffe sprachkünstlerischer Attraktivität. Ihre Entstehung um 1770
- Jessica Güsken: Beispiele geben. Zur Problematik einer unumgänglichen Praxis im Diskurs der Ästhetik (1750–1850)
- Anna Kurz: „Die Verwandlung der Kunstfigur in einen Menschen“ – Literarische Evidenz in Christa Wolfs Roman Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud (2010)
- Sarah Bärtschi und Fabienne Kilchör: Wie veranschaulicht man ein Corpus? Alexander von Humboldts Schriften als Paradigma bildlicher Evidenz
- Stephanie Heimgartner: Ästhetische Evidenz als Konzept für die Literaturwissenschaft?